blogoscoop

21 Oktober 2006

Ihre unsterbliche Seele

Haben Sie eine? Na, wenn, dann hab ich auch eine. Das gilt allerdings nicht für die Überzeugung, eine unsterbliche Seele zu haben: sind Sie überzeugt? Na, ich bin es noch lange nicht.
Das ändert auch Béla Weissmahrs (1929-2005) neues Buch Die Wirklichkeit des Geistes (Stuttgart : Kohlhammer, 2006) nicht. Weissmahr hat in München an der Hochschule für Philosophie gelehrt; das ist ja eine jesuitische Hochschule: man darf also wohl eine gewisse Voreingenommenheit beim Verfasser vermuten.

Weissmahrs Argument:
Es gibt ein 'reines' oder 'transzendentales Ich'. Das ist "jene Instanz, die niemals ein ausdrücklich erfassbares Objekt einer auf sie direkt gerichteten Erkenntnis werden kann, weil sie genau dasjenige ist, das selbst den Akt des Erkennens (und des sich Bestimmens) vollzieht". Außerdem kann das reine Ich von niemand anderem außer ihm selbst erkannt werden. Das ist also nichtempirisch, meint Weissmahr, und damit über die Empirie hinausgehend. Das 'reine Ich' besitzt damit einen 'absoluten Standpunkt'. Das alles lässt sich summieren zu der These, "dass die Seele [=der Part mit dem 'reinen Ich'] des Menschen eine in sich begründete Eigenständigkeit bzw. eine wesentliche Überlegenheit hinsichtlich des Physikalisch-Materiellen zukommt, woraus sich dann ihre todüberdauernde Existenz ergibt". (S. 171)

Diese Argumentation hat schon eine schräge innere Logik: Tod ist was empirisches, die Seele isses nicht, also kann sie nicht sterben. Nun kann man allerdings ganz analog argumentieren: Das Leben ist was empirisches, die Seele isses nicht, also kann sie nicht geboren werden. Hat es Ihre Seele, sprich: Ihr 'reines Ich' demnach schon immer gegeben, Sie aber nicht? Der Tod ist doch nur die eine Seite der Medaille! (Weissmahr sagt aber explizit, dass die Seele einen Anfang hat, S. 199)

Weissmahr geht aber noch einen Schritt weiter: er meint, es muss möglich sein, etwas über die Art und Weise der "postmortalen Existenz der menschlichen Person" zu sagen. Argument:
Könnte man nämlich über das Wie der Weiterexistenz der menschlichen Person nach dem Tode überhaupt nichts sagen, dann wäre auch dei Behauptung, "dass" der konrete Mensch selbst nach seinem Tode weiterlebt, eine vollkommen inhaltsleere Aussage.
Ähm, ja. Weissmahr ist ja schon tot, insofern hat er nun darüber Auskunft aus erster Hand. In seinem Buch meint er nur, dass dort "Räumlichkeit und Zeitlichkeit" " nicht so gegeben" seien, "wie wir sie jetzt erfahren". Und die Seele müsse "für sich gang gegenwärtig" sein.

Weissmahr hat am Schluss noch ein Wort für den Skeptiker. Bei der Frage, wie überzeugend seine Ausführungen seien, schreibt er:
Alles hängt davon ab, ob jemand fähig /bzw. willlens ist, die auf die unbedingte und damit auch geistige Dimension der Wirklichkeit hinweisenden Momente als solche wahrzunehmen und ihnen zuzustimmen. ... Um die dargelegten Gedankengänge mitvollziehen zu können, muss man das Zeugnis der Subjektivität und darin vor allem des moralischen Gewissens seiner ontologischen Bedeutung nach erfasst haben. Wenn das der Fall ist, dann dürften die dargelegten Gedankengänge als zustimmungswürdig erscheinen. Wo das aber nicht zutrifft, dort dürften die vorgelegten Überlegungen höchstens ein herablassend gütiges Kopfschütteln hervorbringen.

In der Tat.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen