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31 März 2008

Bonatti, Guido?

Wer ist Guido Bonatti? Die Zeitschrift Nuova civiltà delle macchine hat die No 3 / 2007 diesem Guido Bonatti gewidmet. Was sagt Google dazu? Der erste Treffer führt auf eine Seite "Magier des Mittelalters", wobei die einleitenden Zeilen dort auf Dantes Göttliche Tragödie verweisen. Bonatti, um 1300, Magier und Astrologe. Eine Seite mit dem seltsamen Titel "Sphinx-Suche" behauptet, Bonatti, Franziskanermönch, sei auch Alchimist gewesen, "versagte aber als Rosenkreuzer-Adept". Ist das nicht traurig, wenn die Nachwelt nichts weiter über einen behält? Und woher weiß das dieses "Institut für Traumanalysen"? Und Benjamin Dykes, "a leading medieval astrologer", hat auch was zu Bonatti geschrieben, was wunderbar seriös aussieht.
Wikipedia hält einen Stub bereit. Der kürzeste Weg zu fundierter Info ist wohl doch die Zeitschrift :-).

Warum moralisch sein?

Kann man zum Thema noch was neues sagen? Nachdem Kurt Bayertz bei UTB einen Sammelband mit klassischen Positionen herausgegeben und selbst eine Monographie geschrieben hat, die bei Beck erschien, habe ich hier nichts mehr zum Thema erscheinen sehen. Das Dilemma der Frage ist das folgende: Jeder außermoralische Grund für das Moralischsein verweist auf die höhere Autorität anderer Werte (Religion ist die klassischste Variante); jeder moralische Grund für das Moralischsein setzt die Anerkennung der Moral voraus.
Die meisten derjenigen, die eine Antwort versuchen, probieren heute den ersten Weg, weil das Moralische nicht mehr die gleiche Selbstverständlichkeit besitzt wie noch vor 100 Jahren. Die zweitklassischste Position nach dem Verweis auf göttliche Gebote zur Begründung von moralischem Handeln ist der Eigennutz. Ich entsinne mich eines Seminars in Göttingen, bei dem Dietmar von der Pfordten als Seminarleiter die von ihm provokativ gedachte These vertrat, alles Handeln sei letztlich eigennützig, das sei psychologisch gar nicht anders möglich. Auch altruistisches Handeln sei eigennützig wegen dem Gefühl der Befriedigung, dass es dem Handelnden verschaffe. (Man denke sich Mutter Theresa im moralischen Orgasmus.)
Dass dabei der Begriff des Eigennutzes entweder inhaltsleer wird oder einer empirischen Überprüfung zugänglich (wie lässt sich denn das Gefühl der Befriedigung messen?), schien ihn nicht zu stören.
Jetzt ist gerade ein Buch erschienen, dass Paul Bloomfield herausgegeben hat: Morality and Self-Interest (Oxford : Oxford University Press, 2008). Anders als der Titel vermuten lässt, geht es in der Hälfte der Aufsätze um "Morality without self-interest". Mir scheint jedenfalls, dass dies die Kernfrage des Problems "Warum moralisch sein?" ist: wie man sich zum Eigennutz verhält.

17 März 2008

How is it like to be an animal?

David McFarland weiß das natürlich auch nicht. In Guilty robots, happy dogs (Oxford : OUP, 2008) analysiert er, was wir über "alien" minds denken: Wesen, denen wir Intetionen und andere mentale Zustände zuschreiben, bei denen wir aber nicht wissen, wie es sich anfühlt, sie zu sein: Tiere und Roboter sind seine ersten Kandidaten. McFarland geht in diesem Buch einer Reihe von Fragen nach, in kleinen Schritten, um am Ende dort anzukommen, wo man ihn ohnehin vermutet hatte: Subjektivität und Rationalität mögen Bedingungen für die Zuschreibung von Bewusstsein sein, aber wir können eben nicht beurteilen, ob ein Tier, ein Roboter oder ein Alien subjektive mentale Zustände hat. Subjektivität ist "wie es sich anfühlt", Rationalität ist "wie man sich verhält", und nur letzteres kann man von außen beobachten. Aber der argumentative Weg dahin ist natürlich eine ganze Ecke interessanter als diese Schlussfolgerung...

Sind Gefühle modular aufgebaut?

Und was bedeutet das?
Das Supplementary Volume 32 zum Canadian Journal of Philosophy trägt den Titel The modularity of emotions (Calgary : University of Calgary Press, 2008), herausgegeben von Luc Faucher und Christine Tappolet. Die Beiträge des Bandes gehen der "meistdiskutierten" Frage in der Gefühlstheorie nach, ob Gefühle nämlich "modular" seien. Dazu werden anfangs verschiedene Konzeptionen von Modularität vorgestellt, unter anderem von Chomsky, von Fodor. Im Fodorschen Sinne scheint erst einmal nicht gemeint, dass Gefühle zueinander modular sind, also dass mehrere Basismodule Gefühle sich zu einem aktuell gefühlten Gefühlsmischmasch zusammensetzen lassen, sondern dass die Module bestimmte voneinander unterscheidbare Eigenschaften und Funktionen haben. Fodor als Funktionalist meinte außerdem (fassen die Herausgeber zusammen), dass sich diese Module unterschiedlich in der Hardware Gehirn wiederfinden, so dass z.B. ein Gehirnschaden nur die Gefühlsmodule beeinträchtigen würde, die in der beschädigten Region liegen. -- Anscheinend gibt es auch ein evolutionstheoretisch geprägtes Verständnis von Modularität, dass Einheiten unterscheidet, deren Herausbildung einzeln mit evolutionären Vorteilen erklärt werden kann.
Abhängig davon, wie Modularität überhaupt verstanden wird, geht es den Autoren dann um die Standardfragen, also z.B. die, ob Gefühle irrational sind oder nicht. -- Der Verlag hat's leider nicht fertig gebracht, das Inhaltsverzeichnis auf seiner Homepage anzuzeigen, und die Umschlaggestaltung ist auch nicht das Gelbe vom Ei.

16 März 2008

Alter Text von mir

Ich habe meine literaturwissenschaftliche Magisterarbeit digitalisiert und auf den Erlanger Hochschulschriftenserver gelegt:
<http://www.opus.ub.uni-erlangen.de/opus/volltexte/2008/845/>. Die Arbeit entstand 1996 an der Uni Göttingen und heißt "Ich-Konzepte". Es geht um das Selbstverständnis von Figuren, vor allem von Ich-Erzählern, und wie die Sprache des Erzählens Aufschluss gibt darüber, ob das ausgesagte Ich-Konzept stimmt. Also über das, wittgensteinsch ausgedrückt, Verhältnis von Sagen und Zeigen in der Analyse von Figuren. Hauptsächlich habe ich Thomas Bernhards Auslöschung. Ein Zerfall, Peter Roseis Persona und Peter Handkes Mein Jahr in der Niemandsbucht untersucht. Zu Rosei gibt es ohnehin nicht so viel Forschungsliteratur, da ist es nicht schwer, etwas Substantielles beizutragen. Für Handke und Bernhard, die sicher meistbesprochenen Gegenwartsautoren Österreichs, ist das schwieriger. Trotzdem, denke ich, entwickelt die Studie eine originelle und begründete Interpretation der Auslöschung, indem sie die (typisch Bernhardsche) Monomanie des Erzählers als Ausweis seiner psychischen Beschädigung begreift, als unwillkürliches Zeigen eines Ichs, das vom erzählten Ich-Konzept entlarvend abweicht.
Zu Handkes Text gab es 1996 auch noch keine Literatur, das hat sich vermutlich inzwischen geändert. Trotzdem bin ich sicher der erste, dem aufgefallen ist, dass die erzählte Zeitlinie der Ereignisse in dieser Erzählung nicht stimmt (was die Rekonstruktion der Ereignisse für den Interpreten etwas erschwert :-)), vgl. die Tabelle im Text. -- Das Handke-Kapitel bietet nicht nur eine Interpretation des Textes für sich, sondern geht auch den autointertextuellen Bezügen auf andere Werke Handkes nach, auf Die Stunde der wahren Empfindung, Die Wiederholung und Langsame Heimkehr. Da mich immer eher die Unterschiede eines Textes zu anderen desselben Autors interessieren, habe ich bei der Handke- wie bei der Bernhard-Analyse die interpretierten Texte nicht als Fortsetzung eines Bernhardschen oder Handkeschen Gesamterzählprojekts gesehen, und dementsprechend auch Züge, die andere als stilistische Marotten der Autoren interpretieren würden, als stilistische Marotten der Ich-Erzähler analysiert. Was mir die Texte stärker zu öffnen scheint...

12 März 2008

Neue Texte von Unamuno

Wenn einer schon gut 80 Jahre tot ist, dann kann da eigentlich nicht mehr allzuviel neues aufzutreiben sein? Miguel de Unamuno hat bis 1936 gelebt, und jetzt erscheint mit Miguel de Unamuno desconocido, hg. von Manuel M.a Urrutia León (Salamanca, 2007), ein Buch mit "58 nuevos textos de Unamuno". Es scheinen, soweit ich das mit meinem nicht vorhandenen Spanisch beurteilen kann, vor allem Leserbriefe zu sein, die Urrutia León da gefunden und auf etwa 200 Seiten wiederabgedruckt hat, sie in seinem Kommentar einbettend in ihren historischen und intellektuellen Kontext. Das Buch ist Band 32 der Biblioteca Unamuno.

10 März 2008

Wozu Philosophie?

Ich frage mich das eigentlich nie. Aber die Antworten von anderen interessieren mich schon. Hans Jörg Sandkühler hat soeben ein Suhrkamp-Taschenbuch mit neckisch invertiertem Titel Philosophie, wozu? herausgegeben. In seinem Vorwort macht er "exogene" und "endogene" Fragegründe aus. Exogen heißt, dass z.B. die Bildungspolitik daher kommt und fragt: Wozu brauchen wir Euch Philosophen eigentlich? Endogen heißt, dass die Philosophen darauf mit der Frage antworten: "Ja wozu?"
"Neu ist", meint Sandkühler, "der Außendruck, der aus der Fixierung auf vereinseitigt ökonomische Nützlichkeitsparameter entsteht". Es geht also gar nicht um die Philosophie als Tätigkeit, sondern um die Philosophie als Institution einer Gesellschaft, welche für ihren Erhalt auch der Unterstützung der Gesellschaft bedarf und daher sich im Rechtfertigungszwang sieht.
Ich habe gerade nur in den ersten Beitrag von Günter Abel reingelesen. Der scheint mir allerdings etwas vom Wunschdenken bestimmt. Er meint, dass die Philosophie eine bestimmte Aufgabe wahrnehmen muss und dass die Wahrnehmung dieser Aufgabe institutionalisiert werden muss: "[Die Philosophie] muss im öffentlichen Raum deutlich machen, dass genuin philosophische Tugenden wie konsistentes Argumentieren, Reflexionsvermögen, Kommunikations- und Diskurskompetenzen nicht nur für alle Wissenschaften, sondern für zukunftsfähige Gesellschaften grundlegend sind". Sind das nicht selbstverständliche wissenschaftliche Tugenden, sei man nun Philosoph oder nicht? Doch, meint auch Abel: "Für die besten Köpfe der universitären Lehr- und Forschungsaktivitäten ist dies ohnehin eine intellektuelle Selbstverständlichkeit".
Naja, lassen wir den Bereich soft skills. Abel meint auch, der Philosophie dankbar sein zu müssen, dass sie "lebens-, überlebens-wichtige" Fragen bearbeitet. Welche könnten das sein? Zum Beispiel: "Wie ist es zu denken, dass organische Lebewesen, wie wir es sind, über geistige Fähigkeiten, über Bewusstsein, Selbstbewusstsein, eine Innenwelt und ein subjektives Erleben verfügen? Was meinen wir mit und worin bestehen Freiheit, Rationalität, Vernunft, Gerechtigkeit? Wie kann ich 'richtig' leben? Was bedeutet und wie stellen wir uns als endliche Geister zu Tod und Sterben?"
Wenn ich diese kleine Fragensammlung so lese (Abel hat noch ein paar mehr), legen sich mir zwei Bemerkungen unausweichlich nahe: 1. Worauf bezieht sich die Kategorie "überleben"? Damit kann Abel nicht den Einzelnen meinen, dem für sein Überleben sicher herzlich egal ist, wie Bewusstsein zu denken ist. Aber ist das nicht auch der Gesellschaft egal?
2. Eine Disziplin, die davon lebt oder gar sich selbst so versteht, dass sie zu keinen endgültigen Antworten kommt, braucht vielleicht noch etwas mehr zu ihrer Rechtfertigung als die Tatsache, dass sie überhaupt bestimmte Fragen stellt. Sie muss auch deutlich machen, worin ihre vorläufigen Antworten wichtig sind. Ich sehe nämlich nicht auf Anhieb, wie eine philosophische Reflexion z.B. von Rationalität mir dabei hilft, mich in diesem oder jenem konkreten Fall zu handeln bzw. mich zu entscheiden. Oder wie irgendeine Antwort auf die Frage, wie "wir" uns als "endliche Geister" zum Sterben stellen, beim Leben hilft.
Philosophie ist für den Einzelnen vielleicht Leidenschaft, für eine Gesellschaft ist sie Luxus: nämlich das Infragestellen und Reflektieren des Bestehenden. Das ist wie mit der Ethik: deren Funktion ja eigentlich das Verbieten von Handlungen ist, für die man hinreichend durch außermoralische Gründe motiviert wäre. Eine Gesellschaft leistet sich erst dann Ethikkommissionen (und hört auf sie), wenn sie sich das Zaudern und die moralischen Skrupel ebenfalls leisten kann, nicht weil sie überhaupt eine moralische ist, sondern weil sie, genau wie reiche Leute großzügig sein können, nicht überall auf die Effizienz sehen muss.

02 März 2008

Logikrätsel

Das schwerste Logikrätsel überhaupt finden Sie hier:

http://philosophy.hku.hk/think/logic/hardest.php


Lösungsvorschläge?