blogoscoop

31 Juli 2008

Wolfgang Kienzler über das "Kuinzige" bei Heidegger

Wolfgang Kienzler hat eine nette Miszelle "Kuinzig -- Heideggers Umgang mit einem Wort" im neuen Heft der AZP 33.2 (2008) (S. 191-194) veröffentlicht. Das Wort ist in Heideggers Text Der Feldweg, nach Heidegger, der Name für einen Zustand "heiteren Wissens".
Kienzler hat nun sich die Mühe gemacht zu klären, a) dass es das Wort tatsächlich gibt, b) was es bedeutet, und c) diese Erkenntnis zur Erhellung der Heideggerschen wortschöpferischen Tätigkeit herangezogen. Ich fasse ihn zusammen: "Kuinzig" wurde in Messkirch gebraucht und ist im Schwäbischen Wörterbuch von H. Fischer (Bd. 4 Tübingen 1914) nachgewiesen. Etymologisch wird es im Wörterbuch von "keinnützig" gleich "nutzlos" oder "verdorben" abgeleitet. Die Hauptbedeutung ist negativ. Allerdings kann es auch mit positivem Beigeschmack im Sinne von "neckisch" oder "mutwillig" gebraucht werden; diesen Gebrauch nennt Kienzler ironisch.
Man sehe hier also, so Kienzler, wie Heidegger ein Wort, das gut klingt, ziemlich fern seiner gewöhnlichen Bedeutung einführt und verwendet. §Methodisch könnte man dies auch so aufassen: Die für Heidegger brauchbaren Wörter wie 'kuinzig' müssen gut klingen (und aussehen), aber ansonsten spielt ihre tatsächliche Gebrauchsweise und sprachliche Bedeutung kaum eine Rolle, da Heidegger die Deutung des Wortes entsprechend seinen eigenen Absichten (und damit von außen nicht kontrollierbar, wenn auch im nachhinein biszu einem gewissen Grad nachvollziehbar) weiterentwickelt". (S. 192) Man müsse die Worte daher als "neue Zeichen" auffassen, meint Kienzler.
Denkt man dies weiter, müsste man Heidegger Irreführung vorwerfen: Wenn man die Form eines alten Zeichens nimmt, um sie mit einer neuen Bedeutung zu versehen, dann legt man seinen Lesern natürlich nahe, die alte Bedeutung in die Interpretation des Zeichens mit einzubeziehen. Kuinzig ist nur ein gutes Beispiel für diese Praxis, weil es als Dialektwort wenigen bekannt ist und es daher den Dialektunkundigen nicht auffällt, dass die alte Bedeutung mit Heideggers Definition nicht viel zu tun hat.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen