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31 März 2009

Neue Datenbank: Spinoza-Bibliographie

Bin gerade erst darauf aufmerksam geworden, dass eine Spinoza-Bibliographie-Datenbank online ist, an der frommann-holzboog mitwirkt. Die Initiatoren erhoffen sich, dass die Forscher selbst fehlende Daten nachtragen bzw. melden. Gegenwärtig ca. 8.500 Titel nachgewiesen; das Ziel ist, die Literatur seit 1663 komplett nachzuweisen!

27 März 2009

Open Access: Der sogenannte "Heidelberger Appell" und die Philosophen

Den "Heidelberger Appell" kann man hier lesen. Reuß & Co haben ihn verfasst. Wer auch immer über die dort vorgetragenen Thesen nachdenkt, sollte mindestens a) die Antwort der Wissenschaftsorganisationen und b) die Auseinandersetzung von Matthias Spielkamp bei Perlentaucher mit dem Heidelberger Appell lesen. Mehr kritisches Material findet man über die Materialsammlung bei Infobib und natürlich bei Archivalia.

Der Heidelberger Appell ist also Quatsch, der Meinung bin ich auch, und bedauerlich ist, dass da Leute den unterschrieben haben, von denen man erwartet, sie wüssten es besser oder würden sich die Mühe machen, genauer hinzusehen. Und ich teile den Verdacht, dass sich eine Reihe von Unterschriften dem Anti-Google-Ressentiment verdankt, und nicht dem Widerstand gegen Open Access.
Bedauerlich finde ich, dass gleich unter den ersten 5 Unterzeichnern ein Philosoph ist, nämlich Kurt Flasch. Natürlich hat auch Ottfried Höffe unterschrieben, der schon früher sich vor den Lobbyarbeitskarren hat spannen lassen. Weitere Philosophen als Unterzeichner: Rolf Peter Horstmann, Andreas Kemmerling (naja, der ist ja Heidelberger, den hat Reuß wahrscheinlich auf der Straße getroffen), Enno Rudolph, Tobias Rosenfeld (Konstanz, den hat Jochum getroffen), Andreas Urs Sommer, Annette Hornbacher, Brigitte Hilmer, Thomas Meyer, Barbara Strohschein, Axel Honneth, Jürgen Goldstein, Rolf Wiggershaus, Jürgen Goldstein, Alexander Becker, Jörg Werner Schmidt, Matthias Vogel, Christoph Jamme.

25 März 2009

Des Teufels Angebot

Edward J Gracely hat in Analysis 48 (1988) 3, 113 (Link via JSTOR) ein nettes gedankliches Experiment der Entscheidungstheorie vorgestellt, über das ich gerade bei dem Blick in Tobias Klauks Dissertation über Gedankenexperimente gestolpert bin (meine Wiedergabe):
Frau C kommt in die Hölle. Der Teufel bietet ihr ein Spiel an, doch noch in den Himmel zu kommen. Sie muss nur mitspielen. Wenn Sie gewinnt, kommt sie in den Himmel; wenn sie verliert, bleibt sie in der Hölle für alle Ewigkeit. Am ersten Tag sei die Chance zu gewinnen 1/2. Am nächsten 2/3. Am folgenden 3/4. Usf. Also: Jeder Tag, der vergeht, erhöht ihre Chance zu gewinnen. Trotzdem ist es bestimmt nicht sinnvoll, ewig zu warten. Das perfide an dem Szenario: Da der Nutzen unendlich groß ist (Eintritt in den Himmel auf ewig), ist auch der Nutzen der Verbesserung der Chancen unendlich groß. Demgegenüber sind die Kosten für die Verbesserung der Chancen endlich, nämlich jeweils bloß ein Tag in der Hölle.

Gracely endet mit einer Frage: Was soll Frau C tun? Mir scheint, dass dies, ein bisschen schräg betrachtet, eine entscheidungstheoretische Variante einer Sorites-Paradoxie ist. Welchen Wert der Gewinnwahrscheinlichkeit würden wir als "so gut wie sicher" akzeptieren? Die Frage, was Frau C tun soll, würde ich also beantworten mit der willkürlichen Wahl einer Grenze, die genausogut bei 0,99 wie bei 0,999 liegen könnte.

Neuigkeiten aus Leiters Blog

Für an analytischer Philosophie Interessierte sind die Leiter Reports, Brian Leiters Blog, immer eine lohnende Lektüre. In den letzten Wochen hat Leiter seine Leser mit einer Reihe von Umfragen unterhalten, z.B. welche Philosophen die wichtigsten der letzten 100 / 200 Jahre sind, oder welche philosophischen Zeitschriften die wichtigsten sind (in der englischsprachigen Welt). Außerdem habe ich dort gelesen, dass der Ashgate-Verlag die Veröffentlichung philosophischer Bücher einstellt. In den Kommentaren zu den Zeitschriften auch der Link auf ein Zeitschriftenranking, das von Brian Weatherson organisiert wurde.

Die Angst des Roland Reuß vor Open Access (3)

Hier Teil 1 und Teil 2.

Roland Reuß muss das letzte Wort haben. Drum hat er auf die Entgegnung von Gudrun Gersmann in der FAZ flugs einen Widerspruch veröffentlicht, auf den eigenen Webseiten. Die „Kurze Antwort“ strotzt vor Selbstgerechtigkeit. Dabei entblödet sich Reuß nicht, Gersmann selbst Formulierungen („keine Gegenpolemik“) übelzunehmen, die sich deutlich ihrem Bemühen verdanken, die Debatte kühl zu halten, und beölt sich in seiner kulturpessimistischen Selbstversicherung, Gersmann habe bestimmt schon „mit PowerPoint“ gearbeitet. Bleiben Sie doch mal bei der Sache!

Reuß beschwert sich, dass Gersmann sich nicht die Mühe gemacht habe, seine zwei zentralen Punkte zu widerlegen. Diese seien: Die Open Access-Initiativen von Politik und Wissenschaftsorganisationen bedeuteten

a) der Versuch einer Abschaffung des Urheberrechts,

b) der Ansatz zur Zerschlagung einer freien deutschen Verlagsszene.

Bei a) geht es um die Sorge, deutsche Hochschulen würden ihren Mitarbeitern vorschreiben wollen, wie sie publizieren sollen, bei b) um die These, dass, wenn alles Open Access auf Hochschulschriftenservern publiziert würde, Verlage nix mehr zum Veröffentlichen hätten.



Wird das Urheberrecht abgeschafft?
Bei a) muss Reuß auf die Uni Zürich verweisen, also die Abschaffung des deutschen Urheberrechts mit einer Schweizer Uni belegen. Er wirft Gersmann vor, nichts zur Züricher „Erpressung“ der Wissenschaftler zu sagen. Er selbst bringt allerdings auch keine Züricher Stimme, sondern nur seinen eigenen Eindruck. Er nennt das „Erpressung“, aber wie nennen das die andern? Kein Beleg aus Zürich von „erpresst“ klingenden Stimmen?

Lese ich mir die Züricher Webseiten durch, dann habe ich den Eindruck, dass dort gar nicht das gefordert wird, was Reuß behauptet. Dort steht, Wissenschaftler mögen Ihre Publikationen im Züricher Repository ZORA unterbringen, sofern „dem keine rechtlichen Hindernisse entgegenstehen“. Erpressung wird wohl darum für Reuß daraus, weil im offiziellen Forschungsbericht der Uni nur die Arbeiten genannt werden sollen, die auch in ZORA nachgewiesen sind. Unabhängig von der Terminologie ist es ein schwaches Bild für die Argumentation, wenn Reuß keine Kontra-Stimmen der Betroffenen beibringen kann.



Wäre eine solche Vorschrift einer Hochschule in Deutschland eine „Rechtsbeugung“ und ein Verstoß gegen das Grundgesetz?

Ehrlich: Keine Ahnung. Aber die Frage scheint mir auch eher zu sein, ob das eine wünschenswerte Praxis wäre oder nicht, und was sich dafür oder dagegen anführen ließe. Das Hauptargument für die moralische Vertretbarkeit solcher Praxis ist: Der Staat gibt das Geld für die Forschung, der Staat sollte entsprechend auch mitbestimmen dürfen, wie veröffentlicht wird. Diesem Argument widmet Reuß sich in seiner „Coda 4“. Und er hat zwei Gegenargumente.
1. Lessing hat sich bereits mit dem Argument auseinandergesetzt.
Ja, ernsthaft: das ist für Reuß ein Gegenargument! Er sagt weder, was Lessing geschrieben hat, noch inwiefern das heute anwendbar könnte. Denn da Lessing in anderen Zeiten lebte, kann man ja nicht voraussetzen, dass sich das einfach übertragen lässt, was auch immer er gedacht haben mag.

2. Reuß und seine Forscherfreunde arbeiten 12 bis 14 Stunden am Tag. Der 8-Stunden-Tag der gewöhnlichen Angestellten und Arbeiter ist bereits mit Lehre angefüllt; also: „forschen kann man buchstäblich nur in der ‘Freizeit’“; also darf der Staat da nix reinreden.
Ist das ein überzeugendes Argument? Reuß schreibt, „niemand von den ernsthaft an seiner Uni Lehrenden und Forschenden“ würde weniger arbeiten, das bedeutet: wer nicht auf diese Arbeitslast kommt, kann sich der Verachtung Reuß’ gewiss sein, weil er entweder nicht ernsthaft lehrt oder nicht ernsthaft forscht – oder gar beides.

Hhm. Nach dem deutschen Beamtenrecht steht ein Beamter mit der „ganzen Person“ im Dienst seines Staates. Sowas wie Freizeit haben die eigentlich nicht. Aber lassen wir das. Es scheint mir ohnehin ein bisschen dünne, einfach eine zeitliche Rechnung aufzumachen und dabei die Unterstützung, die er in verschiedener Form durch den Staat erfährt, mit der Lehre abgegolten sein zu lassen. Nutzt er in seiner „Freizeit“ die vom Staat zur Verfügung gestellten Ressourcen (Büro, Sekretariat, Bibliothek, Forschungsgelder etc.) nicht? Notabene: Reuß als Geisteswissenschaftler ist weniger auf die Forschungsinfrastruktur angewiesen, die ihm die Uni zur Verfügung stellt, als beispielsweise ein Mediziner oder ein Werkstoffwissenschaftler. Aber er gibt vor, für alle zu sprechen -- und für ressourcenintensive Fächer taugt das Argument ohnehin nicht.

Taugt das Argument sonst? Mir scheint es ein Nebenschauplatz zu sein, so als würde Reuß gerade nicht bestreiten wollen, dass der Staat grundsätzlich das Recht habe, ihm in seine Veröffentlichungen reinzureden. Genau das will er aber bestreiten; er will eben nicht sagen: ‘würde ich meine Forschung in meinem 8-Stunden-Tag schaffen, für die ich bezahlt werde, hätte die Uni das Recht zu bestimmen, wo ich veröffentliche.’ Man kann die Eröffnung des Nebenschauplatzes vielleicht so werten, dass Reuß spürt: an dem Argument ist was dran.

Ich ich ich
Reuß bietet – wieder muss man sagen: allen Ernstes – das folgende, logisch immerhin einwandfreie Argument gegen Open Access:
Open Access ist doof, denn dass Reuß dagegen ist, beweist, dass nicht alle Wissenschaftler dafür sind.
Ja, tatsächlich; der zweite Teil ist eine valide Schlussfolgerung. Der erste aber nicht, denn es stimmt natürlich nicht, dass Open Access nur dann gut ist, wenn alle dafür sind. (Dann bräuchte man ja keine Überzeugungsarbeit mehr zu leisten.) Ohnehin sollte Reuß genauer hinsehen. Die Befürworter haben nämlich zwei voneinander unabhängige Argumente.

Der erste: Open Access ist etwas Gutes, also sollten Wissenschaftler dafür sein. Dies ist unabhängig davon, ob Wissenschaftler tatsächlich dafür sind oder nicht, und kann auch unabhängig davon betrachtet werden. Und natürlich lässt sich weiter ausbuchstabieren, warum Open Access etwas Gutes ist.

Das zweite Argument ist der Blick auf die Akzeptanz. Dabei muss man sich klarmachen, dass der Hinweis auf die Akzeptanz ein Underdog-Argument ist, das nach dem Muster funktioniert: Der Mainstream ist zwar der Meinung dass ..., aber diese oder jene Expertin akzeptieren die gegenteilige Meinung, also muss da was dran sein. Wie kommt es, dass Reuß ein Underdog-Argumentationsmuster bemüht, obwohl doch die OA-Gegner und -Uninteressierte bei den deutschen Wissenschaft in der Mehrheit zu sein scheinen? Die Antwort ist: Die Geldgeber (DFG, Max-Planck-Gesellschaft, Leibniz-Gesellschaft, Wissenschaftsrat etc.) sind bekennende OA-Anhänger. Darum schreibt Reuß wie jemand, der in die Ecke gedrängt wurde, während die OA-Befürworter in der Regel wie Leute schreiben, die noch in der Ecke stehen und endlich raus möchten. Kleiner Beleg für die These, dass OA-Befürworter in der Minderzahl sind: Wieviele OA-veröffentlichende Wissenschaftler in der Philosophie und in der Literaturwissenschaft haben wir denn in Deutschland?

Open Access macht unglücklich?
Reuß sagt:
Die Befürworter legen keine Zahlen darüber auf den Tisch, dass Open Access glücklich macht. Aber ich kenne Leute, die Open Access doof finden.
Begründung (ich zitiere): „Niemand, der das OA-Modell ... durchdacht hat, kann mit den vorgezeichneten Konsequenzen für seine Publikationsfreiheit auch nur ansatzweise sympathisieren“. Wie verhalten sich Begründung und These zueinander? Gar nicht! Reuß fordert von den andern den empirischen Nachweis, begnügt sich selbst aber mit Appellen an den common sense. Nun haben OA-Befürworter schon auf Studien verwiesen, z.B. über den Zusammenhang von OA-Veröffentlichung und Zitationshäufigkeit (der Klassiker stammt sicher von Steve Lawrence in Nature, der schon 2001 feststellte: „Free online availability substantially increases a paper's impact“), oder über OA-Veröffentlichung und Verkaufszahlen (siehe dazu die Linksammlung auf Infobib.

Open Access ist unfrei?
Ja, Reuß bestreitet das Hauptargument der OA-Befürworter. Ich zitiere: „Es ist nichts törichter als das Argument, Open Access allein verschaffe freien Zugang zum Wissen für alle. Das kann man nicht nur keinem Afrikaner erzählen, man bekommt außerdem den völlig unangemessenen Eindruck vermittelt, alle öffenlichen Bibliotheken seien geschlossene Anstalten“. Man sieht wieder mal, dass Reuß hier zwei Dinge auf einmal behauptet, die man besser auseinander hält. Das erste: Was im Internet frei veröffentlicht wird, ist nicht wirklich frei zugänglich, weil es Leute gibt, die keinen Internetzugang haben. (So verstehe ich den Hinweis auf den „Afrikaner“.) Tja, also, ich denke, es gibt mehr Leute mit Internetzugang in Afrika, als solche, die eine frei zugängliche öffentliche Bibliothek mit der einschlägigen Forschungsliteratur aufsuchen können. Wirklich, das denke ich. Ist eigentlich eine empirische Frage, aber ich habe gerade keine Zahlen zur Hand. Sie vielleicht, Herr Reuß?

Das zweite: In öffentlichen Bibliotheken ist das Wissen doch frei zugänglich. – Reuß forscht in Heidelberg, wo die UB offenbar mit einem Etat gesegnet ist, der Reuß nicht klagen lässt. Auch die Bearbeitungsgeschwindigkeit scheint dort ausgezeichnet zu sein. Aber das mag nicht allen Wissenschaftlern so gehen, und so mancher wird hin und wieder seufzen, wie schön es wäre, wenn er die Veröffentlichungen, die er braucht, sofort auf seinem Bildschirm am Schreibtisch haben könnte.

Kleine Frechheit von Reuß am Rande: Reuß unterstellt, Bibliothekare würden sich bisher nicht für die Erhöhung des Buchetats einsetzen (in seiner Coda 2). Tun sie unablässig – nur ist ihre Stimme bei den Geldgebern nicht so wichtig wie die der Wissenschaftler, die das Geld für Literatur lieber für elektronische Zeitschriften der internationalen STM-Verlage ausgegeben sehen statt für geisteswissenschaftliche Monographien.

Verlage „zerschlagen“?
Damit sind wir bei Reuß’ b)-These:
Die Verlage werden nichts mehr zu veröffentlichen haben; OA-Förderung durch den Staat ist gleichbedeutend mit einer „Zerschlagung der deutschen Verlagsszene“.

Da hat Frau Gersmann auf eine empirische Studie verwiesen, und Reuß beschwert sich, dass die über England handelt: als wenn die Wirtschaft in Deutschland nach anderen Gesetzen funktionieren würde. Reuß führt dagegen den ebenfalls empirischen Befund an, dass er zwar viele Verleger kennt, von denen aber keiner bestätigen kann, dass eine OA-Veröffentlichung Verkaufszahlen erhöht. Hhm, welche Verleger könnten das sein? Reuß kennt sicher einen Haufen Verleger, die noch gar nicht mit OA experimentiert haben. Aber die kann er ja nicht meinen. Dann kennt er womöglich Leute von Springer oder de Gruyter, da ja OA-Veröffentlichung von Zeitschriftenartikeln anbieten auf der Basis von Autorengebühren. Dass die OA-Veröffentlichung von Einzelaufsätzen den Verkauf von Zeitschriftenabos nicht erhöht, glaube ich ohne weiteres. Wen kann er sonst noch meinen? Antwort: Niemanden. Reuß’ Argument folgt hier wieder mal dem Muster: Wir finden OA alle doof, darum ist es doof.

Was offenbar auch nicht in Reuß’ Kopf will, ist der Zusammenhang zwischen Geld und Leistung. Schätzt Reuß die Leistung der Verlage, spricht ja nichts dagegen, dass er sie auch weiterhin einkauft. Er möchte, schreibt er, eine „zwanzigbändige Edition ... eines Autors vorzulegen, mit den bestmöglichen Materialien, dem bestmöglichen Lektorat, dembestmöglichen Vertrieb und dem bestmöglichen Kommunikationszusammenhang innerhalb und außerhalb der Universität“. Das sind natürlich alles Leistungen, die Geld kosten, und für die Reuß offenbar das Aus sieht, wenn sie nicht mehr über ein klassisches Subskriptionsmodell finanziert würden. Die Frage ist schon, wie er darauf kommt. OA-Befürworter wissen, dass Veröffentlichen Geld kostet! Und niemand bestreitet das! Was bei OA frei ist, ist der Zugang. Und das muss mir Reuß noch besser erklären, wie eine Subskriptionsveröffentlichung einen besseren „Kommunikationszusammenhang“ schafft als eine freie Internetveröffentlichung.

Ah, Reuß' letztes Argument:
OA-Befürworter benutzen Phrasen.
O-Ton Reuß: „Wie schwach muss eigentlich eine Position sein, die sich mit dem andauernden Aufruf von Phrasen wie „barrierefrei“ ... wie mit fremden Blut stärkt?“

Was wollen Sie uns damit sagen, Herr Reuß? Dass für Sie Barrierrefreiheit keine gute Sache ist? Ohnehin: Wer im Glashaus sitzt.... Vergessen wir mal nicht, dass Sie sich bedenkenlos linker und rechter Rhetorik bedienen (siehe dazu den 1. Teil meiner Kritik). „Muss man mit diesen Transfusionen wirklich seinen Sprachkörper dopen?“ Argumentieren Sie hier für die Reinheit des Blutes der Argumentation?

24 März 2009

Das Gesicht des Bösen

Das Museum zu Allerheiligen Schaffhausen hat mit dem von Roger Fayet zur gleichnamigen Ausstellung herausgegebenen Buch Die Anatomie des Bösen einen "Schnitt durch Körper, Moral und Geschichte" vorgelegt. Das Buch gilt, zur Hälfte, weniger der tatsächlichen Physiognomik des Bösen als vielmehr dem Bild, das man sich zu verschiedenen Zeiten von ihm gemacht hat -- von den Teufeln auf Bildnissen des Mittelalters bis zur Phrenologie des Cesare Lombroso. Drei weitere Aufsätze beschäftigten sich mit dem Bösen heute, darunter ein Interview mit dem Hirnforscher Hans J. Markowitsch.
Ein kurzer Blick in dieses zeigt mir aber schon, dass ich das wohl mit Missfallen lesen würde. Fayet fragt Markowitsch:
Angenommen, eine Person befindet sich in einer Situtation, die verschiedene Handlungsoptionen offen lösst. Hat sie keine Möglichkei, ihr Handeln aufgrund rationaler Überlegung zu steuern?
Eine wichtige Frage: Hat der Mensch Handlungsalternativen? Unsere Antwort lautet nein: Denn wenn er diese hätte, würde er anders handeln. Nochmals: seine bisherige Entwicklung ist prädikativ dafür, wie er sich in einer gegebenen Situation entscheidet. Es ist vorhersagbar, wie jemand handelt, wenn man die Determinanten kenn. Allerdings sind diese in der Praxis selten ausreichend bekannt.

Mir scheint die Antwort an der Frage vorbeizugehen. Denn ein "Prozess rationaler Überlegung" würde ja wohl "determinierend" in die Handlungsentscheidung mit eingehen! Und Markowitschs Verwendung des Wortes "Handlungsalternativen" kann ich auch nicht ganz nachvollziehen. "Wenn jemand Handlungsalternativen hätte, würde er anders handeln" bedeutet im Klartext: Es hat nie jemand Handlungsalternativen, weil nie jemand anders handelt, als er es tut. Aber so verwenden wir das Wort nicht.
Unabhängig von Markowitsch ist das ein spannender geistesgeschichtlicher Blick in das Gesicht des Bösen!

23 März 2009

Persönliche Philosophie im Test

Wer an den Psychotests in Illustrierten seinen Spaß hat, die versprechen, einem etwas über die eigene Persönlichkeit zu sagen ("Sind Sie neidisch?" "Glauben Sie an Gott?"), was man bei wenig Reflexion auch so rauskriegen können sollte, wenn man es ohnehin nicht schon weiß -- wer also gerne solche Psychotests macht, der hat sicher noch mehr Spaß am Philomat, den Wolfgang Buschlinger, Bettina Conradi und Hannes Rusch bei Hirzel vorgelegt haben. Das Buch ist eine Sammlung von "Psychotests", die einem allerdings nichts über die Persönlichkeit, sondern über die eigenen Meinungen sagen sollen: nämlich in welche philosophiegeschichtliche und systematische Kategorien sie fallen. Da gibt's für Profis natürlich keine Aha-Erlebnisse ("Oh, in Wirklichkeit bin ich Determinist!"), aber philosophische Laien möchten die Auswertung ganz interessant finden. Wer den Philomaten testen möchte, kann das auch auf einer Webseite tun.

18 März 2009

Descartes vs. Google

Bin krank. Nach zwei Tag apathischem Herumliegen hatte ich gestern wieder Lust auf Lektüre und verbrachte den Tag mit Fritz Sterns Fünf Deutschland und ein Leben; am Abend dann Russell Shorto's Descartes Bones (ja, hin und wieder lese ich eines der Bücher, die ich hier anpreise). Danach legte ich mich ins Bett, mit einer großen Wärmflasche auf der Brust, um den Schüttelfrost zu bekämpfen. Welches ist wohl die beste Stelle, eine Wärmflasche hinzulegen, um am ganzen Körper warm zu werden? Ich nahm an, am besten läge sie auf dem Herzen und würde das Blut wärmen, das dann von dort in die Extremitäten gepumpt wird. Hat aber in der Praxis nicht sehr gut funktioniert; es dauerte mehr als 20 Minuten, bis meine Hände halbwegs warm waren -- und die lagen auf der kochend heißen Wärmflasche drauf! Neu ist mir auch, dass man auch mit einer solchen Wärmequelle immer noch vom Frost geschüttelt werden kann: eine Erfahrung, für die ich nicht unbedingt eine Wiederholung brauche.
Bei Shorto habe ich gelernt, dass Descartes vielleicht in einer Weise für einen wissenschaftlichen Paradigmenwechselt steht wie Galilei. Aber während Galilei in der Bewegung der Sterne das Buch der Natur las, wandte Descartes sich der Medizin zu. Offenbar war er sich auch der neuentdeckten Bedeutung des Blutkreislaufs bewusst, wenn er sich auch darin irrte, welche Rolle das Herz darin spielt. Er dachte, es würde das Blut anheizen.
(Shortos Buch hat mir auch ein paar genau datierbare "Ereignisse" aus Descartes Leben nähergebracht, die ich woanders eintrage.)
Descartes ist mit seinem "Denke selbst, traue nix überliefertem" eine extreme Position der Vernunft. Vorgestern, beim Arzt, begegnete mir eine andere. Dort hatte ich zur Lektüre die Wahl zwischen Schöner wohnen, Lisa, Bild der Frau und Auto Motor und Sport -- und einer Zeitschrift namens Welt der Wunder, die auf den ersten Blick für mich aussah wie ein kleiner greller Bruder zu PM. Die gab auf den ersten Seiten damit an, dass ein Spieler der TSG Hoffenheim sie lese. Der Spieler werde von seinen Kollegen wegen seiner Intelligenz "Google" und "Professor" genannt. (Bild online entnehme ich heute, dass er so genannt wird, weil er alles über Fußball weiß.) Da fragt man sich doch, inwiefern Google eine Metapher für Intelligenz sein kann!? Klarerweise geht es bei dem Spitznamen nicht um Intelligenz im Sinne von Problemlösen, sondern um Wissen, und seltsamerweise ist die Suchmaschine, die einem keine Auskunft darüber gibt, ob das, was man da gefunden hat, auch stimmt, für einige offenbar der Inbegriff des Wissens. Sozusagen das Gegenteil von Descartes.

12 März 2009

Enttäuschung über die "Philosophischen Beiträge zu Kindheit und Geburt"

Annette Esser, Andrea Günter und Rajah Scheepers haben ein Buch mit dem Titel Kinder haben, Kind sein, Geboren sein : Philosophische und theologische Beiträge zu Kindheit und Geburt herausgegeben, das im Ulrike Helmer Verlag 2008 erschienen ist. Meine Enttäuschung darüber ist doppelt. A) ist der philosophische Anteil gering: von den 23 Beiträgen (Einleitung nicht mitgezählt), sind 3 über Hannah Arendt, wobei einer von diesen 3en der Frage gilt "Warum als christlich-feministische Theologin Hannah Arendt lesen?" (von Elisabeth Hartlieb). Die stehen im IV. Teil über "Gebürtigkeit, nicht nur bei Hannah Arendt". Der dritte Teil heißt "Kinder haben: Elternschaft, Gebären, Mutter sein" und enthält keinen einzigen philosophischen Beitrag, der zweite heißt "Kind sein - Kindheit" und enthält keinen einzigen philosophischen Beitrag, und der erste heißt "Kinder haben oder auch keine: Erfahrungsberichte" und enthält ebenfalls keinen einzigen philosophischen Beitrag.
Das scheint mir ein Etikettenschwindel zu sein!

Ebenfalls enttäuscht mich die fehlende Vater-Perspektive. Jeder Aufsatz ist von einer Frau verfasst und handelt von der weiblichen Erfahrung oder der mütterlichen Perspektive; naja, vielleicht abgesehen von den Beiträgen zu Hannah Arendt. Auch hier Etikettenschwindel? Naja, wohl nicht: wer den Ulrike-Helmer-Verlag kennt, weiß, dass die Frauenperspektive auf der Linie des Verlags liegt.

Auf philosophische Überlegungen zur Anthropologie der Vaterschaft neben denen von Dieter Thomä wird man wohl noch ein bisschen warten müssen.

Neues zur Metapherntheorie

Bilden Sie mal einen Satz mit "Metapher":
»Herr Kapitän, der Steuermann
hat grade lallend kundgetan,
er brächte jetzt das Schiff zum Sinken
me taph er wirklich nicht mehr trinken.«
(Robert Gernhard)

Die Theorie der Metapher ist eines der schönsten Themen auf der Schnittstelle zwischen Sprachwissenschaft, Literaturwissenschaft und Sprachphilosophie, die man sich denken kann. Ich habe das Thema gern im Examen in Sprachwissenschaft benutzt, weil es mir erlaubte, die harte sprachwissenschaftliche Prüfungslast zu reduzieren. (Erfüllte damit denselben Zweck wie die "Sprechakttheorie" für andere Leute.)

Dass die klassische Substitutionstheorie überholt ist, merkt man schon von allein: Metaphern sind keine rhetorischen Figuren, die als Schmuck einer Aussage eingesetzt werden und sich 1:1 rückübersetzen lassen in das, was ohne Schmuck gesagt wird. Solche Überlegung hat ohnehin den Fehler, dass sie sich auf die Produktionsseite beschränkt. In den letzten Jahren richtet sich die Aufmerksamkeit der Forschung vermehrt auch auf die Rezeptionsseite bzw. auf die Frage, was eigentlich passiert, wenn man Metaphern versteht.
Dass da noch andere Disziplinen als Sprach- und Literaturwissenschaft erfolgreich mitspielen, z.B. die Psychologie, zeigt jetzt das umfassende Cambridge Handbook of Metapher and Thought, das Raymond W. Gibbs herausgibt. Der interdisziplinäre Zuschnitt des Handbuchs gibt auch Raum für Überlegungen, wie nichtsprachliche Metaphern funktionieren, oder was im Gehirn passiert beim Verstehen einer Metapher. Perspektivenwechsel und Empirie sind jedenfalls Fortschritte!

His wanderlust had not been satiated

Wanderlust: Eines der Englischen Wörter, die aus dem Deutschen übernommen sind. War mir bisher nur in einem Lied von Mark Knopfler begegnet. Gelesen habe ich den Satz, der fortgesetzt wird mit "by a trip to Altdorf", in einer "intellektuellen Biographie" von, na, wem? Der "trip to Altdorf" meint die Universität Altdorf, die unser Wanderlustiger besuchte, da man ihm in Leipzig nicht erlauben wollte, seinen Doktor direkt nach dem vorherigen Abschluss zu machen. Wie ich dem Buch entnommen habe, waren die Steinindenwegleger vor allem die älteren Studierenden, die fürchteten, dass ihnen so ein Überflieger dann eine freiwerdende Stelle besetzen könnte, die sie lieber selbst gehabt hätten.
Hinweis: Die Autorin ist "Reader in the Philosophy of Religion" am King's College in London und hat lt. Buch auch ein Research Fellowship an der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel wahrgenommen. Das kam ihr sicher bei dem Buch zugute, das 2009 bei Cambridge University Press erschien.

09 März 2009

FRBR und Was ein Werk ist

Die geschätzte Heidrun Wiesenmüller hat im 3. Heft 2008 von Bibliothek. Forschung und Praxis (348-359) einen guten Überblicksartikel über die Functional Requirements for Bibliographical Records vorgelegt. Der Nutzen einer idealen FRBR-Anwendung im Katalog ist klar: da findet man sich schneller zurecht. Bei Wiesenmüller habe ich auch zum ersten Mal gelesen, was ich selbst seit Jahren denke: die Sacherschließung würde enorm von einer FRBRisierung profitieren!
Allerdings hat auch Wiesenmüllers Artikel meine Zweifel an dem Modell nicht zerstreut. Ich habe da zwei grundsätzliche Bedenken.

1. Der ontologische Irrtum
Man merkt den FRBR an, dass sie von Datenbankspezialisten erdacht wurden. Dass sie aber gebraucht werden von Leuten, die das nicht sind, kann nur zu Missverständnissen führen.
Die Ordnung von "Entitäten" in Gruppen mit Eigenschaften (Attributen) und Beziehungen (Relationen) untereinander ist so ein Fall. Bekanntermaßen haben die FRBR in der ersten Gruppe der Entitäten 4 solcher Entitäten namens Werk, Expression, Manifestation und Exemplar. Die beiden mittleren Begriffe sind klarerweise Fachsprache und müssen nicht ohne Studium des FRBR-Grundwerks verstanden werden. Aber wie ist es mit "Exemplar" und "Werk"? Tja, wenn ich mir ansehe, was FRBR unter Werk versteht, dann stelle ich fest, dass dies auch nicht ohne weiteres verständlich ist!
Ich zitiere nach Wiesenmüller: ein Werk ist eine "individuelle intellektuelle und künstlerische Schöpfung", und Wiesenmüller erläutert: "Diese Entität ist so abstrakt, dass sie nicht einmal ein Attribut 'Sprache' besitzt". Das müsste sie natürlich auch nicht, wenn es sich um ein nichtsprachliches Werk handelte, aber diese Bestimmung gilt ebenso für Texte, d.h. die FRBR ordnen das Attribut Sprache nicht auf der Ebene der Entität Werk, sondern darunter. Entspricht das meiner Intuition? Nein! Beispiel: Goethes Faust und Musils Mann ohne Eigenschaften sind doch deutschsprachige Werke, oder nicht?
Tja, worauf beziehen sich die FRBR, wenn sie sich auf etwas so Abstraktes beziehen, wie Faust ohne Sprache? Die Antwort: Auf gar nichts. Der Irrtum besteht darin, für die FRBR-Entität eine Entsprechung in der Welt zu suchen, d.h. die FRBR als ontologisches Modell zu interpretieren. Die FRBR sind ein epistemisches Modell, kein ontologisches. Übrigens ist dieser Irrtum dem Modell natürlich eingeschrieben, d.h. er ist nicht zu vermeiden. Auch Wiesenmüller legt ihn nahe, wenn sie die Entitäten der Gruppe 1 in einer hierarchischen Struktur zeigt und einen Pfeil "abstrakt -> konkret" vom Werk zum Exemplar zeichnet. Die Manifestation ist genauso abstrakt wie das Werk! D.h. es gibt keinen Gegenstand in der Welt, der einer Manifestation entspricht. Wiesenmüller schreibt auch, dass die Entität Werk "am ehesten im Kopf ihres Schöpfers verortet" werden könne, "oder in der ganz allgemeinen Weise, in der man z.B. über den 'Herrn der Ringe' sprechen kann, ohne sich damit auf eine bestimmte Ausformung zu beziehen" (S. 350). Auch dies ist viel zu konkret. Tatsächlich scheint es mir nur einen einzigen Satz zu geben, der sich über den Herrn der Ringe sagen lässt, der sich nicht auf eine bestimmte Ausformung bezieht, und das ist "Der Herr der Ringe ist von Tolkien." Aber das ist ja nur die Konkretion der Feststellung, dass Werke Schöpfer haben, was für meine Intuition zum Werk-Begriff ebenso stimmt wie für das FRBR-Modell.

DENKEN WIR OHNE SPRACHE?
Die Idee, dass man ein Werk "im Kopf seines Schöpfers" verorten könne, es dort aber keine Sprache habe, legt jedenfalls eine These nahe über das Schöpferische und das Denken, die fragwürdig ist, und die ohnehin nicht nebenbei von einem Datenmodell geklärt werden kann: Können wir ohne Sprache denken? Und: Können wir ohne Sprache etwas Sprachliches denken? Die zweite Frage würde ich in jedem Fall mit "Nein" beantworten.
Auch das, was Tolkien, Musil, Goethe im Kopf hatten, sofern es schon Werk geworden war, war geformte Sprache. Aber ohnehin haben wir keinen Zugang zu dem, was dieser oder jene gedacht hat, darum halte ich es nicht für empfehlenswert, über die "Eigenschaften" dieses Denkens zu spekulieren.

Die FRBR-Hierarchie ist eine Hierarchie wachsender Gemeinsamkeiten: unten sind die "Exemplare", weil sie am wenigsten miteinander gemein haben und sich als Individuen (im ontologischen Sinne) ausmachen lassen. Der Ausdruck "Manifestation" bezeichnet eine Menge gemeinsamer Attribute; mit ihm lässt sich eine Gruppe der Exemplare bilden. Der Ausdruck Expressions erlaubt es, größere Gruppen mit weniger Gemeinsamkeiten zu bilden. Der Ausdruck "Werk" fasst schließlich die größte Gruppe mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner.

Nimmt man die Kritik ernst, dass nur das Exemplar sich in der Welt als Gegenstand zeigt, dann ist das, was Goethe sich ausdenkt bzw. zu Papier bringt, ein Exemplar seines Dramas. Das klingt seltsam, liegt aber daran, dass in dieser Formulierung der Sprung direkt vom Werk zum Exemplar erfolgt. Eigentlich hätte ich FRBRisch schreiben müssen: dann ist das, was Goethe zu Papier bringt, ein Exemplar einer Manifestation einer Expression seines Dramas.

2. Die Thema-Entitäten
Ja, die zweite Merkwürdigkeit des FRBR-Modells ist die Gruppe der Entitäten, die Thema eines Werks werden können. Wiesenmüller erwähnt diese Kritik auch, darum brauche ich das hier nicht ausführlich anzuführen: Einiges, was in FRBR als "Eigenschaften" von Entitäten begriffen wird, z.B. der "Ort" einer Veröffentlichung, würde ich als Verknüfpung zweier Entitäten begreifen wollen. Aber im FRBR-Modell tauchen Orte als Entitäten nur in der Gruppe der Thema-Entitäten auf. Wenn ich Wiesenmüller recht verstehe, könnte ein Grund für diese Seltsamkeit sein, dass die amerikanische Katalogisierungspraxis bzw. die amerikanischen flachen Datenformate sich mit Verknüpfungen schwertun. Aber mir scheint der Gedanke naheliegend, im Hinblick auf eine spätere Verwendung, dass idealerweise alle nur irgend möglichen Dinge normiert und mit Verweisungsformen angereichert werden (z.B. Verlagsnamen, Erscheinungsorte etc.), und das bedeutet: verknüpfte Datenstruktur. Und wo man so verknüpft, könnte man doch gleich das Verknüpfte als "Entität" im FRBRschen Sinne begreifen.

06 März 2009

Peer review von innen (amerikanische Perspektive

via Leiterreports

Michèle Lamont hat die Mechanismen des Peer review im US-amerikanischen Kontext als soziologisches Phänomen untersucht. Die hier verlinkte Zusammenfassung hat, scheint mir, zwei wesentliche Schlussfolgerungen.
1. Die Rede von "Exzellenz" ist ein Etikettenschwindel; Exzellenz lässt sich (im untersuchten Peer review-Kontext) jederzeit als eine Summe anderer Eigenschaften angeben. Lamont meint, es sei besser, diese klar beim Namen zu nennen, als sich auf "Exzellenz" zurückzuziehen.
2. Kontingente Umstände spielen bei der Bewertung eine stärkere Rolle als wünschenswert, und das sind nicht nur die aktuellen Forschungsinteressen der jeweiligen bewertenden Person, sondern z.B. auch das Interesse, jetzt schnell fertig zu werden mit der Sitzung, um den nächsten Flug zu kriegen.
Lamont spricht am Ende die Empfehlung an Urteilende aus, sich stärker die Bedingtheit des eigenen Urteils klarzumachen, damit man sich davon besser lösen kann.

05 März 2009

Cassirer Briefwechsel elektronisch

Der 18. Band der Nachgelassenen Manuskripte und Texte von Ernst Cassirer im Meiner-Verlag kommt mit einer DVD-ROM "mit sämtlichen bislang aufgefundenen Briefen von und an Ernst Cassirer". Der Verlag hat freundlicherweise zugestimmt, dass wir die DVD auf unseren Netzwerk-Server legen, so dass sie wie im Campusnetz von jedem Platz aus zugänglich ist, beschränkt auf einen gleichzeitigen Nutzer. Das ist ein gutes Modell (so groß ist der Bedarf bei uns ohnehin nicht, dass mehr Zugänge nötig wären), vielen Dank dafür!
Soeben hat auch der Schwabe-Verlag freundlich auf die Anfrage reagiert, ob nicht das Historische Wörterbuch der Philosophie, dessen letzter Band mit einer Volltext-CD-ROM des Werkes kam, auf den Server gelegt und im Campusnetz zugänglich gemacht werden könnte. Immerhin haben wir allein an der FAU dieses Standardwerk über 20 mal! Auch hier haben wir 1 Simultanzugriff im Campusnetz erlaubt bekommen. Danke!

03 März 2009

VDM, AVM, Diplomica, GRIN, BoD

Die Print-on-Demand-Verlage vermehren sich -- ist das wirklich ein gutes Geschäftsmodell?

Kaufen wir von Thomas Ebke Plessners Doppelaspekt des Lebens und Heideggers Zwiefachheit der physis, München: AVM, 2008 (83 Seiten), 29,90 € ?

Nein.

Und auch nicht Ebkes "Zwischen Abgrund und Abgrund" bei Grin (Druck einer Hauptseminararbeit), in zwei verschiedenen Ausgaben!

Und auch nicht Ebkes Schwebe der Körper, Stammeln der Sprache bei Grin (Druck einer Hauptseminararbeit).

Und auch nicht Ebkes Homo absconditus bei Grin, was zwar auch nur 28 Seiten hat, wo uns aber die Note der (vermutlich) Seminararbeit nicht mitgeteilt wird.

Und auch nicht Ebkes Kino des Gehirns bei Grin mit ca. 60 Seiten.

Archiv für Begriffsgeschichte u.a. digital // Neue Datenbanken

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Die Zeitschrift für philosophische Forschung, ( 1946 - 2001) war schon vorher online.



3 neue Datenbanken sind zu vermelden:
- Das Neuroethikportal der Uni Mainz mit (nach Anmeldung) editierbarer Bibliographie seit 1985.
- Les Bibliothèques Virtuelles Humanistes vom Centre d'etudes supérieures de la Renaissance
- Die Literaturdatenbank Ethik in den Wissenschaften (LEWI) mit ca. 33.000 Dokumenten vom Interfakultären Zentrum Ethik in den Wissenschaften in Tübingen

02 März 2009

Digital arbeiten mit ...

Bevor es in den Bookmarks untergeht:
DiRT: Digital Research Tools wiki von Lisa Spiro, die auch ein lesenswertes Blog zu den Digital Humanities schreibt.

DOIs in Firefox öffnen

Mit dem Plugin, das man hier bekommt. http://www.handle.net/hs-tools/extensions/firefox_hdlclient.html
Funktioniert :-).